Widerstandsfähigkeit gegen Klimarisiken stärken

Unternehmerische Ökosysteme, Nachhaltige Landwirtschaft
20.09.2023
Die Flüsse im Norden Bangladeschs erodieren, ändern ständig ihren Lauf und schaffen gleichzeitig neues Land für Siedlungen: die sogenannten Chars oder Inseln, die durch Verschlickung und Erosion entstehen. Seit 2012 setzt Swisscontact im Auftrag der Schweizerischen Botschaft in Bangladesch sowie der Regierung von Bangladesch ein Projekt um, das zum Ziel hat, die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung zu verbessern, indem es unter anderem private und öffentliche Akteurinnen und Akteure überzeugt, in dieser bedeutenden landwirtschaftlichen Produktionszone zu investieren. 

Aufgrund der geografischen Lage und der hydrometeorologischen Gefahren sind die Char-Gebiete besonders betroffen von Umwelt- und Klimarisiken wie Ufererosion, Überschwemmungen, Dürren, Kältewellen und Stürmen sowie Pflanzenschädlingen und -krankheiten. Ein wesentliches Ziel des Projekts ist, geeignete Strategien zur Katastrophenvorsorge zu entwickeln und alle beteiligten Parteien zu schulen. So lernten die Landwirtinnen und Landwirte beispielsweise, welche Dienstleistungen und Praktiken geeignet sind, um die Auswirkungen von Naturereignissen zu verhindern oder zumindest abzumildern. Zudem wurden Mikrofinanzinstitutionen dabei unterstützt, ihre Produkte und Dienstleistungen im Sinne der Klimaschutzmassnahmen zu verbessern, und öffentliche Akteurinnen und Akteure und Institutionen wurden in Katastrophenvorsorge geschult. 

Risikominderung durch neue Methoden 

Exemplarisch für Massnahmen zur Risikominderung ist die Förderung einer dürre- und bakterienresistenten Auberginensorte in Zusammenarbeit mit AR Malik Seeds, einem bekannten bangladeschischen Unternehmen für landwirtschaftliche Betriebsmittel. Diese Sorte hilft den Landwirtinnen und Landwirten, Auberginen in der Trockenzeit anzubauen und die Produktion zu steigern. Das Projekt ermutigte die Bäuerinnen und Bauern auch, die Samen im Beet keimen zu lassen, indem sie Mulch einsetzen, der das Wasser im Boden speichert und die Keimfähigkeit erhöht – die dünne Pflanzschicht schützt den Boden und führt ihm Nährstoffe zu.

Belayet Hossain, Landwirt aus der Region Gaibandha

In den letzten Jahren war der Ertrag der Auberginenfelder von Belayet Hossain tief, da die Keime von Trockenheit und Bakterien befallen waren. Nun ist er dank dem Projekt Mitglied einer Vertragslandwirtschaftsgruppe und hat an einer Veranstaltung von AR Malik Seeds die trockenheits- und bakterienresistente Auberginensorte kennengelernt. In diesem Jahr baute er diese Auberginen erstmals an und konnte gleich 30 Prozent mehr Ertrag erzielen. 

“Ich habe einen Gewinn von 45 000 Takas (rund 370 Franken) erzielt, während andere Landwirte aufgrund von Bakterienbefall viel weniger verdienten. Ich wusste vorher nicht, dass es Sorten gibt, die gegen Trockenheit und Fäule resistent sind.„

Erfolgreich dank Diversifizierung

Obwohl Tahmina Begun in ihrem Leben schon mit vielen Herausforderungen konfrontiert wurde – von Armut bis hin zu Naturkatastrophen – hat sie den Widrigkeiten mit Entschlossenheit und Ausdauer getrotzt. Sie baute ein Geschäft auf - zunächst einen Lebensmittelladen und einen Teestand -, bildete sich weiter und suchte nach neuen Wegen, um ihr Einkommen zu steigern. Im nächsten Schritt wagte sie sich an den Verkauf von Saatgut, was ihr zusätzliche Kunden und höhere Einnahmen einbrachte.

Dank ihrer guten Arbeit und der Partnerschaft mit dem Saatgutunternehmen AR Malik erhielt sie Zugang zu Finanzmitteln und einen zinsgünstigen Saisonkredit, der ihr eine weitere Diversifizierung ermöglichte. Durch den Verkauf von Düngemitteln, Mikronährstoffen und Diesel hat sich Tahminas Laden zu einer zentralen Anlaufstelle für die Bauern in ihrer Umgebung entwickelt, von denen inzwischen 70 Prozent ihre Betriebsmittel bei ihr kaufen. Heute sichert ihr das Geschäft ein stabiles Einkommen und ist ein wichtiger Bestandteil der lokalen Wirtschaft.

Tahmina Begun, Geschäftsfrau aus dem Bezirk Kurigram

Tahmina Begun ist nicht nur eine erfolgreiche Geschäftsfrau, sondern auch eine Inspiration für ihre Gemeinschaft. Sie hat die traditionellen Geschlechterrollen in einer ländlichen Region Bangladeschs in Frage gestellt und sich selbst und ihrem Umfeld bewiesen, dass Frauen sehr wohl in der Lage sind, erfolgreich Unternehmen zu führen.

Umweltfreundliche Technologien und tiefere Kosten

Das Projekt befasst sich auch mit der Nutzung umweltfreundlicher erneuerbarer Energien für die Bewässerung der Chars in Trockenzeiten, mit dem Ziel einerseits das landwirtschaftliche Bewässerungssystem zu verbessern und anderseits die Kosten zu senken. Seit 2022 entwickelte und realisierte das Swisscontact-Projektteam gemeinsam mit der Akademie für ländliche Entwicklung (Rural Development Academy, eine nationale Institution der Regierung von Bangladesch) bereits mehrere schwimmende Solar-Bewässerungssystem für die Char-Region.

Die Solaranlagen der tragbaren Bewässerungspumpe sind auf einem fahrbaren Gestell montiert, das Wasser aus verschiedenen Quellen pumpen kann, sogar aus einem Fluss. Bei Überschwemmungen oder Flusserosion kann sie leicht an einen anderen Ort gebracht werden. Mit der innovativen Pumpe können bei maximaler Leistung täglich 40 Hektar Land bewässert werden, fast doppelt so viel wie mit einer normalen Bewässerungspumpe. 

Das Hauptziel dieses Projekts besteht darin, sowohl private als auch öffentliche Akteure zu motivieren, das Potenzial der Region zu erkennen und sie anzuregen, dort zu investieren und Dienstleistungen anzubieten. Diese Massnahmen sollen insbesondere die wirtschaftliche Stärke benachteiligter Haushalte verbessern. Darüber hinaus sollen Männer und Frauen mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen ausgestattet werden, die ihnen neue wirtschaftliche Chancen eröffnen.

Bangladesch
Unternehmerische Ökosysteme
Entwicklung funktionierender Märkte in den Flussgebieten von Jamuna, Padma and Teesta (M4C)
Die gute Entwicklung der Wirtschaft in Bangladesch hat Millionen Menschen einen Weg aus der Armut ermöglicht. Dennoch ist es für einen grossen Teil der Bevölkerung immer noch sehr schwer ihre Grundbedürfnisse zu decken. Hauptgründe hierfür sind das Fehlen von qualifizierten Arbeitskräften sowie unzureichende Marktstrukturen. In den...