Kenianische Delegation ist überzeugt von dualer Berufsbildung

Berufliche Erstausbildung
24.11.2021
Während einer Woche hat eine kenianische Delegation mit Vertretern von führenden Bauunternehmen aus der Elektro- und der Sanitärtechnikindustrie sowie von Bildungsinstitutionen das duale Bildungssystem der Schweiz kennengelernt und ein vielfältiges Programm erlebt. Swisscontact hat die Besucher begleitet und verschiedene Fachreferate und Workshops initiiert und moderiert. Auf dem Programm standen ausserdem Besuche sowohl bei KMUs als auch international tätigen Unternehmen und unterschiedlichen Bildungseinrichtungen, in denen Lernende ausgebildet werden. 

Der Bausektor gehört in Kenia zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweigen und wird künftig wohl noch an Bedeutung gewinnen. Kenia hat eine junge Bevölkerung, etwa 60% sind zwischen 18 und 35 Jahre alt. Angesichts des dynamischen Privatsektors, der wachsenden Mittelschicht und des zunehmenden unternehmerischen Engagements steigt die Nachfrage nach Häusern, Geschäftszentren und Infrastruktur ständig. Es existieren sowohl ein dynamischer Privatsektor als auch eine wachsende unternehmerische Mittelschicht. Es fehlt jedoch an Fachkräften, um diese steigende Nachfrage zu decken. Das System der technischen und beruflichen Bildung («Technical and Vocational Education and Training») wird derzeit umfassend erneuert, und es findet eine Verlagerung hin zum arbeitsplatzbezogenen Lernen statt.

Wichtige Erkenntnisse gewonnen

Um das Schweizer Modell der dualen Berufsbildung kennenzulernen und herauszufinden, wie sich dieses auf den kenianischen Kontext adaptieren lässt, reiste kürzlich eine namhafte Delegation mit Vertretern aus dem Bausektor sowie von kenianischen Bildungsinstitutionen in die Schweiz. In verschiedenen Vorträgen von Schweizer Branchenverbänden, Bildungsinstitutionen und Berufsschulen sowie bei Besuchen von KMUs und multinationalen Unternehmen (siehe Bilder oben) konnten sich die CEOs und Geschäftsführer von Elektro- und Sanitärtechnikunternehmen sowie von technischen Bildungsinstituten ein eigenes Bild machen. Sie gewannen dabei wichtige Erkenntnisse, wie schulische Theorie und betriebliche Ausbildung in Kenia kombiniert und nachhaltig verankert werden können.

«Wir brauchen in Kenia qualifizierte junge Leute, denn das Land wächst gerade stark, und es gibt viele Baustellen. Der Wille und das Bedürfnis, einen Beruf zu erlernen, sind sehr gross. Wir bieten den jungen Menschen eine Chance, aus der Armut herauszufinden.»

Manminder Sing Jandu, CEO Allied Plumbers Limited Kenya 

Theorie und Praxis besser verknüpfen

Obwohl in Kenia vor Kurzem ein Rahmen für die Lehrlingsausbildung verabschiedet wurde, sind die Fortschritte nach wie vor gering. Da die Industrie bisher nicht sehr stark in die Entwicklung von Lehrplänen eingebunden war, sind die Ausbildungszentren nur begrenzt in der Lage, ihr Angebot auf die Bedürfnisse des Marktes abzustimmen. Zudem fehlt es den Ausbildnern an pädagogischen Kompetenzen und Berufserfahrung, um eine einschlägige Ausbildung zu vermitteln. Daher entsprechen die Fertigkeiten der Absolventinnen und Absolventen noch nicht den Erwartungen der Arbeitgebenden, und die Unternehmen haben Schwierigkeiten, gut qualifizierte Fachkräfte zu finden. 

Hier setzt das kürzlich lancierte Projekt an, welches sich zurzeit noch in der Aufbauphase befindet: Ein gemeinsames duales Ausbildungskonzept von öffentlichen und privaten Partnern mit kenianischen und ausgewählten multinationalen Unternehmen soll die Grundlagen schaffen, damit sich angehende Sanitärtechniker und Elektroninstallateurinnen die Qualifikationen erarbeiten können, die sie zu gefragten Fachkräften machen. Die Unternehmen sollen dabei klar in der Verantwortung sein und festlegen, welche Kompetenzen für das Ausüben des Berufs eines Elektrikers oder Sanitärtechnikers relevant sind. Die meisten Kompetenzen werden am Arbeitsplatz bzw. on the job vermittelt, jedoch an der Schule mit entsprechender Theorie untermauert und bei den überbetrieblichen Kursen gemeinsam geübt. Dies eröffnet den jungen Arbeitnehmenden den Zugang zu Arbeitsplätzen und ermöglicht ihnen ein höheres Einkommen. Gleichzeitig werden die Arbeitgebenden von den Leistungen der besser ausgebildeten und produktiven Arbeitnehmenden profitieren.  

«Mein grösstes Problem war es bisher, die Leute in der Industrie davon zu überzeugen, dass sie einen Lehrling aus unserer Schule aufnehmen. Jetzt habe ich einige Argumente und kann erklären, wie und warum diese Synergien wichtig sind. Das macht meine Arbeit leichter.»

Patrick Maina Githinji, Projektleiter/Stellvertretender Schulleiter Academic, Eastlands College of Technology, Nairobi

Gut gerüstet für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor

Die kenianische Delegation zeigte sich beeindruckt von ihrem Besuch in Schweizer Unternehmen und Schulen und steht der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Ausbildungsinstitutionen in Kenia positiv gegenüber. In einem nächsten Schritt soll mit den lokalen Partnern ein konkretes kenianisches Modell zur Umsetzung der dualen Berufsbildung von Elektrikern und Sanitärtechnikern entwickelt werden, um möglichst bald mit einem ersten Lehrlingszyklus zu starten.

Das Projekt zur Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten von jungen Menschen in Kenia ist finanziert von der Hilti Foundation. Dieses Projekt ist Teil des Entwicklungsprogramms von Swisscontact, welches von der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA) kofinanziert wird. 

Kenia
Berufliche Erstausbildung
Kenia: Junge Menschen verbessern ihre beruflichen Fähigkeiten dank dualer Berufsbildung im Bereich Sanitär- und Elektrotechnik (PropelA)
Das Projekt zielt darauf ab, ein duales, von den Arbeitgebern gesteuertes Ausbildungsmodell für die Bauindustrie in Kenia und darüber hinaus einzuführen, angefangen bei sanitärtechnischen Berufen sowie Elektrikern.