IZA-Botschaft höhlt «Swissness» aus

14.08.2019
Erstmals hat der Bundesrat den Bericht zur Internationalen Zusammenarbeit (IZA) für die Periode 2021-2024 in die Vernehmlassung geschickt. Swisscontact hat eine inhaltliche Debatte über die Ausrichtung der IZA in den letzten Jahren vermisst und begrüsst diesen Schritt deshalb sehr. In ihrer Stellungnahme betont die Stiftung jedoch, dass Schweizer zivilgesellschaftlichen Organisationen eine grössere Bedeutung zugemessen und den Entwicklungsländern das Recht auf eine langfristige Entwicklungsperspektive zugestanden werden muss.

Swisscontact begrüsst die breite öffentliche Vernehmlassung zum nächsten Rahmenkredit für Internationale Zusammenarbeit (IZA) 2021-2024. Sie erlaubt eine fundierte Debatte über die Inhalte, nicht nur über die Budgets. Insgesamt steht Swisscontact den Aussagen des erläuternden Berichts positiv gegenüber. In einigen Punkten greifen die Ausführungen aber zu kurz.

Ausländischen Umsetzungspartnern fehlt «Swissness»

Eines von drei Kriterien für die Stossrichtung der IZA ist gemäss dem Bericht zur Vernehmlassung der Mehrwert der Schweizer IZA im internationalen Vergleich. Hierzu leisten Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die Projekte der IZA umsetzen, einen wichtigen Beitrag. Sie vertreten schweizerische Werte und sind Garanten für eine neutrale und unabhängige IZA. Sie greifen auf jahrzehntelange Erfahrung in der Umsetzung von typisch schweizerischen Anliegen und Themen wie der dualen Berufsbildung zurück.


Fördert die Schweiz die Rolle der Schweizer NGOs in der IZA zu wenig, so läuft sie Gefahr, ihr über Jahrzehnte gewachsenes Know-how und ihr Netzwerk an Schweizer Umsetzungspartnern zu verlieren. Das Ziel eines spezifischen Mehrwerts der Schweizer IZA wird verfehlt.


Schweizer NGOs müssen sich heute nicht nur auf dem Spendenmarkt gegen starke Konkurrenz aus dem Ausland wehren, sondern auch bei der Vergabe von Mandaten der öffentlichen Hand. Die Schweiz ist das einzige Land, das die Umsetzung von IZA-Projekten konsequent den nationalen Beschaffungsrichtlinien, die sich nach der WTO und dem GATT richten, unterstellt. Eine zunehmende Anzahl Projekte wird inzwischen an ausländische NGOs und gewinnorientierte Unternehmen aus dem Ausland vergeben. Organisationen aus dem Ausland können die gewünschte «Swissness» aber nicht vermitteln. Sie können die oft beschworenen Wissenspartnerschaften zwischen der Schweizer Zivilgesellschaft, dem Privatsektor und den Universitäten kaum je bieten. Der Anspruch der «Swissness» wird dadurch ausgehöhlt.


Eine Schwächung der Schweizer NGOs führt letztlich zu einer Wissenserosion im Bereich IZA in der Schweiz. Dieser können sich auch die beiden massgeblich in der IZA engagierten Bundesstellen nicht entziehen, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).

Zu kurzfristige Ausrichtung

Swisscontact begrüsst die geplante thematische und geografische Fokussierung der Schweizer IZA grundsätzlich. In ihrer Stellungnahme weist die Stiftung aber darauf hin, dass insbesondere die Schwerpunkte «Erschliessung von Märkten und Schaffung von Arbeitsplätzen» und «Reduktion von Zwangsmigration und irregulärer Migration» die Gefahr bergen, sich zu stark an kurzfristigen, innenpolitisch oder auch privatwirtschaftlich motivierten Zielen zu orientieren. So können Projekte zur Arbeitsmarktintegration zwar Einkommensmöglichkeiten schaffen. Kurzfristig ist dies aber hauptsächlich in Berufsfeldern mit niedrigeren Qualifikationen möglich. Nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Entwicklung muss dagegen als langfristiges Unterfangen verstanden werden. Es setzt die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen voraus und sollte globale, politökonomische und historische Aspekte berücksichtigen. Ohne technologische, institutionelle und soziale Innovation und ohne die entsprechende, langfristig orientierte Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft wird es den Entwicklungsländern nicht gelingen, sich vorteilhaft in den globalen Wertschöpfungsketten zu positionieren. Damit wird verunmöglicht, grösseren lokalen Mehrwert und bessere Arbeitsplätze zu schaffen.


Es ist zu wünschen, dass die definitive Version der Botschaft neben der kurzfristigen auch der langfristigen, systemischen Entwicklungszusammenarbeit genügend Raum gibt. Gerade der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der Förderung von kleinunternehmerischer Tätigkeit in allen Sektoren kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu.


Zu vermeiden ist insbesondere, dass mit einer allzu kurzfristigen und innenpolitisch motivierten Ausrichtung Erwartungen geweckt werden, welche die IZA kaum erfüllen kann. Die Akzeptanz des internationalen Engagements der Schweiz ist bei der Bevölkerung hoch. Sie darf nicht mit unrealistischen Versprechen aufs Spiel gesetzt werden.