Ein Schweizer Modell für nachhaltiges Bauen in Kolumbien

Unternehmerische Ökosysteme, Grüne Städte
20.09.2023
Der Bausektor leistet einen wichtigen Beitrag zur kolumbianischen Wirtschaft. In Bezug auf den Klimawandel trägt er grosse Verantwortung, da sein Ressourcenverbrauch und die anfallenden Abfälle Auswirkungen auf die Umwelt haben. Im Departement Santander hat Swisscontact ein Projekt unterstützt, das die Einführung nachhaltiger Baupraktiken durch Innovationen fördert.  

Der Bausektor ist für fast 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, und es wird erwartet, dass sich die Zahl der Gebäude weltweit bis 2050 verdoppeln wird (UN, 2019). Eine bessere Gebäudeplanung, die Verwendung umweltfreundlicherer Materialien und das Recycling von Bauabfällen tragen dazu bei, den Sektor nachhaltiger zu gestalten. 

Santander – Vorreiter bei der Förderung des nachhaltigen Bauens in Kolumbien 

Bucaramanga, die Hauptstadt des Departements Santander, wächst stetig, der Bausektor hat eine bedeutende Entwicklung erlebt; er beschäftigt über 40 000 Personen und erwirtschaftet 6,5 Prozent des BIP im Departement. Im Zuge der neuen Anforderungen an nachhaltiges Bauen haben sich die privaten und öffentlichen Akteurinnen und Akteure mit den Bildungseinrichtungen der lokalen Baubranche 2015 zu einem Cluster zusammengeschlossen, um gemeinsam die Erforschung und Entwicklung innovativer Lösungen für nachhaltiges Bauen im ganzen Land zu fördern.

Der lokale Kontext als Ausgangspunkt für Innovation

Die örtliche Handelskammer entwickelte ein Projekt zu Kreislaufwirtschaft und nachhaltigem Bauen im Bausektor von Santander (auf Spanisch), das von 2018 bis 2020 lief und von Swisscontact im Rahmen des Programms Colombia Más Competitiva unterstützt wurde. Das Projekt begann mit der Messung des Wasser- und Energieverbrauchs von Gebäuden in der Region; denn die vorhandenen nationalen Verbrauchsdaten spiegelten nicht die Realität in Bucaramanga wider, wo aufgrund der besonderen Lage ein anderes Klima herrscht. 

Otto Cala, Leiter des Architekturbüros Proun und Mitglied der Architektenkammer von Santander 
“Der Standard basiert auf Städten wie Cali, Medellín und Bogotá. Diese Regionen haben ein völlig anderes Klima als Bucaramanga. Die Architekten brauchen einen lokalen Referenzwert, an dem sie sich orientieren können, um die Vorgaben für Energie- und Wassereinsparungen einzuhalten.„

Neben der lokalen Datenerhebung wurde eine Methode (auf Spanisch) entwickelt, mit der auch in anderen Regionen quantitative und qualitative Daten zum Wasser- und Energieverbrauch erhoben werden können.  

Schweizer Modell in Kolumbien nachgebaut

Testeo (auf Englisch) ist ein modulares Testlabor, das wie ein Haus aufgebaut und mit zahlreichen Sensoren ausgestattet ist. Es ermöglicht die Überwachung, Analyse und Simulation verschiedener Variablen im Zusammenhang mit Baumaterialien, Energie und Wasser. Mithilfe des «lebenden Labors» Testeo wollen die Forschenden besser verstehen, welche Faktoren ein Gebäude energieeffizienter machen, z. B. ob die Gebäudeausrichtung die Temperaturbedingungen beeinflussen kann. Das Labor spielt eine entscheidende Rolle bei der Innovation und der Entwicklung praktikabler Verfahren.   

Das praxisorientierte Testlabor für Bauunternehmen
“Nachhaltigkeit im Bauwesen wird oft mit höheren Kosten oder Komplexität in Verbindung gebracht, aber in einer Region mit einem günstigen Klima wie Bucaramanga können einfach umzusetzende Lösungen Ressourcen sparen. Dies ist der Fall bei der natürlichen Lüftungsanlage, die im Labor errichtet wurde. Ein Bauherr ist pragmatisch und muss mit knappen Budgets planen, ein Baumeister will den Beweis sehen, dass ein bestimmtes Verfahren nicht teurer wird.„
Otto Cala, Leiter des Architekturbüros Proun und Mitglied der Architektenkammer von Santander 

Maira Figueroa, die Projektkoordinatorin der Handelskammer von Bucaramanga, erklärt, wie die Idee für ein Testlabor entstanden ist: «Wir wollten einen Prototyp entwickeln. Eines der internationalen Modelle, die wir uns ansahen, hat uns sofort inspiriert: das Smart Living Lab in Fribourg. Wir beschlossen, etwas Ähnliches hier nachzubauen.» Der Cluster Santander nutzte die Erfahrungen aus Fribourg und holte über das Swisscontact-Expertennetzwerk mehrere Schweizer Ingenieure ins Land, um das erste Labor dieser Art in Kolumbien aufzubauen.

Der Weg in die Zukunft: Überwindung der Herausforderungen bei der Einführung nachhaltiger Praktiken 

Nach der Entwicklung innovativer Technologien und Praktiken ist deren Umsetzung entscheidend. Dazu gehören die Ausbildung und Sensibilisierung von Baufachleuten. Im Rahmen des Programms Colombia Más Competitiva unterstützte Swisscontact die Universitäten von Santander bei der Aktualisierung ihrer Lehrpläne, um nachhaltige Baupraktiken in alle Studiengänge zu integrieren.  

Nachhaltige Praktiken werden oft als kostspielige Investitionen angesehen. Um die Nachfrage nach nachhaltigem Bauen zu steigern, ist es wichtig, auch die Verbraucherinnen und Verbraucher zu sensibilisieren – Energie- und Wassereinsparungen zahlen sich langfristig finanziell aus.  

Es gilt weiterhin, Bauunternehmen zu motivieren, das Angebot von Testeo zu nutzen, um Verfahren zu entwickeln, die die Effizienz des Bausektors ohne Zusatzkosten verbessern können. Denn in diesem wettbewerbsintensiven Sektor können sich Unternehmen durch innovative Lösungen von anderen Marktteilnehmern abheben.    

Das Programm Colombia+Competitiva wird finanziert durch das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO. 

Kolumbien
Unternehmerische Ökosysteme, Nachhaltiger Tourismus
Colombia + Competitiva - Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des privaten Sektors
Das Programm zielt darauf ab, Kolumbien in seinen systematischen Anstrengungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit seines privaten Sektors zu unterstützen, die Bestandteil des nationalen Systems für Wettbewerbsfähigkeit, Wissenschaft, Technologie und Innovation und seiner «Politik für produktive Entwicklung» sind. Das Projekt «Colombia...